Interview

Prof. Claudia Bornemeyer & Prof. Susanne Rosenthal

Die zwei Professorinnen der Rheinischen Hochschule posieren im Eingangsbereich der Hochschule
© Rheinische Hochschule Köln, Foto: Carsten Jezewski

Im Interview sprechen Frau Prof. Dr. Bornemeyer, Präsidentin der Rheinischen Hochschule Köln und Frau Prof. Dr. Rosenthal, Vizepräsidentin für Forschung & Transfer mit uns über den Innovationscampus für Künstliche Intelligenz im Rheinischen Revier: das AI-Village in Köln Hürth und eine mit dem Cologne Convention Bureau entwickelte KI-Workshop-Reihe für die Kölner MICE-Branche. Außerdem verraten uns die in Köln lebenden Wissenschaftlerinnen wie und ob sie KI in ihrem Alltag nutzen.

Frau Prof. Dr. Bornemeyer, Sie sind Präsidentin der Rheinischen Hochschule und beschäftigen sich schon lange intensiv mit dem Thema Künstliche Intelligenz. Gemeinsam mit Ihrer Kollegin, Frau Prof. Dr. Rosenthal, Vizepräsidentin für Forschung & Transfer, arbeiten Sie an verschiedenen KI-Projekten. Im März 2023 startete der Aufbau des Innovationscampus für Künstliche Intelligenz AI Village in Hürth. 

Wie kam das Projekt „AI-Village“ an die Rheinische Hochschule? Was genau passiert dort? Vielleicht können Sie beide uns einen Einblick geben, was dieses Projekt so einzigartig macht.

CB: Als Hochschule beschäftigen wir uns schon lange mit dem Thema KI. Einen Studienschwerpunkt KI und zugehörige Labore gibt es schon seit einigen Jahren. Aber mit den rasanten Entwicklungen hin zur generativen KI hat sich natürlich unheimlich viel verändert. Das Projekt „AI-Village“ ist für uns ein richtungsweisendes Projekt, das Susanne Rosenthal an die Hochschule gebracht hat – daher übergebe ich an dieser Stelle an sie. 

 

Gerne! Wie hat alles angefangen, Frau Prof. Dr. Rosenthal?

SR: Anfang 2020 bin ich über Netzwerkarbeiten im Rahmen von Strukturwandelinitiativen mit den ersten Grundideen zu dem Innovationscampus für Künstliche Intelligenz in Kontakt gekommen. Da ich selbst mit Maschinellem Lernen und Computational Intelligenz seit 2010 in verschiedenen Forschungsprojekten aktiv bin, war ich von der Idee begeistert. Im damaligen Interessenskonsortium war noch kein Hochschulpartner vertreten und damit auch keine Vision zu einem breit zugänglichen, akademischen Lehrangebot zum Themenfeld KI. Nach Rücksprache mit der Hochschulleitung habe ich die Hochschule in das Konsortium eingebracht und bin in die Projektanbahnung und Antragstellung eingetreten. 

 

 “Von Prompt-Strategien zur bestmöglichen Nutzung generativer KI im Arbeitsalltag…”

 

Und beides war offensichtlich erfolgreich. Was genau passiert im AI-Village?

Das Projekt sieht einerseits im Innovationscampus die Entwicklung einer Anlaufstelle für KI in verschiedensten Anwendungsszenarien für Unternehmen und Forschung vor, aber auch schlicht ein Zentrum für Informationsveranstaltungen rund um KI für die Gesellschaft. Darüber hinaus werden über das AI Village derzeit Workshopreihen entwickelt und in Teilen bereits angeboten, in denen Fachkräfte, Vertreter von Unternehmen sich in der Methoden- und Entwicklungskompetenz zu KI-Anwendungen weiterbilden können. Die Rheinische Hochschule steht hierbei für akademische Weiterbildungsprogramme im Themenkomplex Predictive Manufacturing – KI – Mixed Reality. 

 

Könnten Sie diese Begriffe bitte kurz erläutern?

Zukünftig wird es im AI-Village fachspezifische Workshopreihen rund um KI und technische Innovationen im Bereich Predictive Manufacturing geben. Dabei geht es um Vorhersagen von Ereignissen und Ergebnissen in der Fertigung bzw. Optimierung des Produktionsprozesses u.a. durch Fehlerreduktion bzw. Ressourcenschonung.  Über Mixed Reality lassen sich als Add-On die Ergebnisse von Simulationen der Prozesskette mit den realen Produkten in Echtzeit zusammenführen und bewerten. Diese Angebote stehen - über das AI Village - vor allem vom Strukturwandel betroffenen Unternehmen zur Verfügung. Ein weiteres Angebot ist der Erwerb von Methodenkompetenzen im Umgang mit KI-Werkzeugen z.B. für die MICE-Branche.

 

Stichwort MICE Branche: Die Workshop-Reihe dazu hat die Rheinische Hochschule Köln ja gemeinsam mit dem Cologne Convention Bureau (CCB) entwickelt. Wie können die Partner des CCB profitieren? Was genau lernen sie dort?

CB: Zunächst: Es war eine Freude, gemeinsam diese Reihe zu entwickeln. Es gab viele Ideen – „KI“ ist als Thema sehr weit gefasst. Im Endeffekt ist nun im engen Austausch ein Programm entstanden, das den Bedürfnissen der Branche bestmöglich gerecht wird. Von Prompt-Strategien zur bestmöglichen Nutzung generativer KI im Arbeitsalltag, über Prozessoptimierung bei der Veranstaltungsplanung und Entwicklung von Inhalten für das Content Marketing bis zu individuellen Implementierungsstrategien: Ziel ist es, gemeinsam diese Themen zu erarbeiten und direkt in die Umsetzung einzusteigen. Toll, dass das CCB hier die Initiative für seine Partner ergriffen hat und dieses Angebot möglich macht.

 

Die Nutzung generativer KI betrifft ja immer mehr Arbeitsbereiche. Können Sie konkrete Beispiele für den Einsatz der neuen Technologien im Arbeitsalltag nennen und auch wie die Rheinische Hochschule Köln in Forschung und Lehre darauf reagiert?

SR: Ein gesellschaftlich relevantes Thema, das uns aktuell technologisch vor Herausforderungen stellt, ist der Braunkohleausstieg. Die Energieversorgung der Zukunft ist hybrid, Energie aus den erneuerbaren Technologien muss effizient in das bestehende Netz eingebracht und effizient genutzt werden.  Dafür brauchen wir die Entwicklung neuer Technologien und die Ausbildung von Fachkräften. Zum Beispiel in der Produktion von Wasserstoff und Strom aus erneuerbaren Energiesystemen, der Entwicklung robuster virtueller Kraftwerke sowie der Batterieforschung für den Energiesektor und die Elektromobilität. An unserem Campus in Ehrenfeld haben wir dafür ein Labor und Transferzentrum für Nachhaltige Erneuerbare Energiesysteme gegründet. Hier vermitteln wir praxisnahe Lehre an zukunftsweisenden Technologien und betreiben Forschung.

Eine weitere „neue Technologie“ ist der Einsatz und die Entwicklung von Anwendungen in Mixed Reality (MR) für Produktionsprozesse. Der Einsatz dieser Technologien im Produktionsprozess ermöglicht neue ressourcenschonende Entwicklungspotentiale. Daher liegt ein weiterer Fokus der Hochschule in diesem technologischen Entwicklungsumfeld.

Die neuen Technologien fließen auch in die Lehre ein: Um Studierende bestmöglich auf das Arbeitsleben vorzubereiten, geht die Methodenkompetenz KI, d.h. die Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit KI-Tools, fachbereichsübergreifend in alle Studiengänge ein. Der Markt verändert sich in seinen Angeboten hier aktuell rasant, sodass der Fokus hier nicht auf einzelne Tools beschränkt ist, sondern generische Kompetenzen in der praktischen Anwendung vermittelt werden. 

 

Frau Bornemeyer, Sie sind seit 2023 Vorsitzende und Sprecherin der Kölner Wissenschaftsrunde (KWR). Die KWR hat die Vernetzung der Wirtschafts- und Wissenschaftspotenziale der Region im Fokus. Inwieweit spielt KI hier eine Rolle?

CB: Die KWR vereint aktuell 17 Kölner Hochschulen, sieben Forschungseinrichtungen, die Stadt Köln und die IHK zu Köln unter ihrem Dach. Eine so starke Wissenschaft in Köln bedeutet ein hohes Potenzial für Kreativität und Innovation.  KI spielt bei den derzeit laufenden Veranstaltungen der KWR eine große Rolle. Die Veranstaltungen befassen sich generell mit Themen, die Wissenschaft und Gesellschaft bewegen – und da ist KI natürlich stark vertreten.  Die Kölner Wissenschaftsrunde greift auch weitere gesellschaftlich relevante Themen auf. Zum Beispiel Themen aus dem Bereich Gesundheit mit Fragen zu Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden, die Gendermedizin, virtuelle Realitäten aus dem Bereich Technologie, aber auch politische Themen z.B. Verteilungskonflikte in der Klimapolitik. Alle Veranstaltungen der KWR stehen allen Kölnern und Kölnerinnen offen – wir freuen uns auf den intensiven Austausch! 

 

“Köln ist ein toller Standort – hier sieht man viele innovative Entwicklungen frühzeitig…"

 

Frau Bornemeyer, Sie sind Präsidentin der Rheinischen Hochschule Köln, Sprecherin der Kölner Wissenschaftsrunde und promovierte Betriebswirtin. Frau Rosenthal, als Vizepräsidentin für Forschung und Transfer sowie Professorin für Mathematik und Informatik, sind auch Sie in anspruchsvollen Positionen tätig. Wie bewerten Sie beide Ihre „Work-Life-Balance“ in diesem herausfordernden Setting? Setzen Sie zum Beispiel KI-gestützte Tools ein, um diese Balance zu optimieren und ausreichend Entspannung zu finden?

SR: Ich selbst nutzte für private Zwecke keine KI. Inspirierend fand ich jedoch im Bereich meines Hobbys, der Musik, die ersten Versuche Mozarts Requiem oder Schuberts "Unvollendete" mit KI zu vollenden. Die Komplettierungen fielen bislang durch, sodass man als Zuhörer auch weiterhin die Kompositionen unvollendet in den Konzertsälen präsentiert bekommt.

CB: „Work“ und „Life“ hängen teilweise schon recht eng zusammen. Köln ist ein toller Standort – hier sieht man viele innovative Entwicklungen frühzeitig auch im Alltag: den digitalen Einkaufswagen im Supermarkt, die Reise mit virtueller Realität in das historische Köln und viele mehr.

Die generative KI wird helfen, sowohl „Work“ als auch „Life“ angenehmer zu gestalten. Wichtig ist es, am Ball zu bleiben, um entscheiden zu können, wo und wie KI für jeden persönlich das größte Potential bereithält. Aktuell nutze ich KI eher im Bereich „Work“ und bin Beobachterin bei der KI-basierten Optimierung z.B. von Garten- oder Fensterpflege mit Rasenmäh- und Putzrobotern. 

Frau Bornemeyer, Frau Rosenthal, herzlichen Dank für dieses Gespräch!